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SPD Ortsverein Baumholder - Westrich.

Rede des Fraktionsvorsitzenden der SPD im Stadtrat Klaus Dessauer zum geplanten Wohnpark auf dem Weihervorplatz :

Allgemein

"Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

sehr geehrter Herr Bürgermeister der Verbandsgemeinde 

sehr geehrter Herr Stadtbürgermeister

sehr geehrte Beigeordnete,

sehr geehrte Gäste,

sehr geehrter Vertreter der Presse

Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,

die SPD-Fraktion hat mit außerordentlich großem Interesse den Ausführungen der Investorengruppe zugehört. 

Die SPD-Fraktion begrüßt grundsätzlich Visionen zu Wohnraumprojekten in Baumholder, deren Resultat u.a. ambitionierte und spannende Wohn- wie Lebenskonzepte wiederspiegelt und  bereits in der Planungsphase unter Ökonomischen und Ökologischen Gesichtspunkten sehr konkret auf die Befindlichkeiten der unterschiedlichen Wohnbedürfnisse und Mobilitätserfordernisse eingeht. Das vorgestellte Projekt mit den zahlreichen energetischen Detaillösungen und den innovativen Energieversorgungssystemen dürfte in unserer Region seinesgleichen suchen.

Wir danken der Investorengruppe um Prof. Elicker für Ihre Bereitschaft in Baumholder zu investieren. Darüber hinaus danken wir einem Baumholderer Bürger, der den Kontakt von der Investorengruppe zum Stadtbürgermeister hergestellt hat.

Die SPD-Fraktion hat sich nach der Ältestenratssitzung im April, in der wir über dieses Vorhaben anhand einer bereits vorgefertigten Planungsskizze informiert wurden, was in keiner Weise, wie in der Nahe-Zeitung zu lesen war einer „Einbindung“ gleichkam, in zahlreichen Sitzungen sowie persönlichen Gesprächen mit Baumholderer Bürgerinnen und Bürgern sehr ausführlich mit dem Projekt auseinander gesetzt und alle denkbaren Vor- und Nachteile abgewogen. Das zunächst aus 15 Häusern – so unser offizieller Kenntnisstand bis vor kurzem - und neuerdings aus 18 Häusern – die NZ berichtete am 30.07. darüber - bestehende Projekt ist ansprechend und sicherlich auf der Höhe, der bau- und energietechnischen Möglichkeiten, aber es ist für die SPD-Fraktion kein Projekt welches auf dem Weihervorplatz realisiert werden muss. Die vermeintlichen Standortvorteile erweisen sich bei genauer Betrachtung als sehr viel geringer als dargestellt und die Nachteile überwiegen – insbesondere an dem angedachten Standort Weihervorplatz – nachweislich.  

Die SPD-Fraktion wird deshalb das angedachte Projekt an diesem speziellen und sensiblen Standort, dem Weihervorplatzplatz, nach zahlreichen von unserer Fraktion mit Bürgern von Baumholder geführten Gesprächen nicht unterstützen.

 

Durch den Verkauf des Weihervorplatzes ergäben sich für die Stadt Baumholder und seine Bürger erhebliche Einschränkungen und Nachteile die ich nachfolgend näher erläutern möchte:

  1. Die Parkmöglichkeiten für die Besucher des Badeweihers fallen zum größten Teil weg. Schon jetzt haben die Parkplätze an mehreren Tagen nicht ausgereicht. Durch weitere Investitionen u.a. in die Sanitäranlagen werden wir noch mehr Besucher anziehen können, was die Parksituation weiter verschärfen wird. Durch das Wohnbauprojekt und dem damit einhergehenden Wegfall des Parkraumes wird es unweigerlich zu Konflikten mit Netto, Edeka und den Anliegern der nächstgelegenen Straßen führen, insbesondere an Freitagen, Samstagen und Sonntagen.

  2. Zum Thema Parkplatz möchten wir noch darauf hinweisen, dass sich die Verbandsgemeinde dafür ausgesprochen hat, eine Multifunktionshalle in Baumholder zu errichten. Als Standort kommt nur die bisherige Westrichhalle in Betracht. Die dann größere Halle wird den ohnehin begrenzten Parkraum am Brühlstadion noch zusätzlich einengen. Ein mögliches Ausweichen der Besucher auf den Weihervorplatz wäre bei der Verwirklichung des Bauprojektes nicht bzw. nur sehr beschränkt möglich. Die Folge wäre – auch bei anderen Großveranstaltungen - unkontrolliertes und ungeordnetes Parken in den umliegenden Straßenzügen, die mit nicht unerheblichen Nachteilen für die Anwohner einhergehen. Die Praxis zeigt, dass die Veranstaltungsbesucher Parkplätze in der Nähe des Veranstaltungsortes aufsuchen und demzufolge Großparkplätze die ideale Voraussetzung bieten.

  3. Auch alle anderen diversen Nutzungen des Weihervorplatzes wären durch das Wohnparkprojekt für die Zukunft ausgeschlossen. Zirkusveranstaltungen und insbesondere das im kommenden Jahr anstehende Zirkusprojekt der Grund- und Hauptschule, Flohmarkt, St. Martins-Umzug mit Martinsfeuer und Maifeuer, ein großes vereinsübergreifendes Weiherfest, wie vom Stadtbürgermeister selbst noch nach den Kommunalwahlen angesprochen, überregionale Veranstaltungen wie Triathlon, Wander/Sommer, Rheinland-Pfalz Tag, Hunsrück-Rallye, Baumholderer Holz-Tage, das vor kurzem stattgefundene Schalke Fußballspiel und vieles mehr…. Eine Stadt wie Baumholder braucht einfach einen solchen Mehrzweckplatz, um Handlungsspielraum für alle denkbaren und derzeit vielleicht noch undenkbaren Möglichkeiten zu haben. Es wäre zum Beispiel unvorstellbar, dass Birkenfeld seinen Talweiherplatz, oder Idar-Oberstein seinen Festplatz vor der Mikadohalle mit Wohnhäusern bebaut.

                               

  4. Wir haben in der Vergangenheit erheblich in den Weiher und das Weiherumfeld investiert (Entschlammung, Weiherterrassen, Möblierung) und wollen und werden dies auch weiterhin tun um den Weiher für unsere Bürger aber auch Besucher als Naherholungsgebiet attraktiv zu gestalten. Ich denke in dem Zusammenhang an die Sanierung der Sanitäranlagen mit Duschen und Umkleiden, Errichtung eines Kinderspielplatzes, Anlegung einer kleinen Skateranlage bzw. eines Platzes für die Jugend, Sanierung der Holzbrücke und vieles mehr. Gerade durch unser neues Städtebauförderprogramm, in welches wir den Weihervorplatz als 2. Priorität hinter dem Marktplatz eingestuft haben, wird uns die attraktive und funktionelle Gestaltung des Weihervorplatzes mit Zuschüssen des Landes ermöglichen. Die beabsichtigte Bebauung mit 18 Einzelhäusern auf dem dafür verhältnismäßig kleinen Platz würde den Charakter des gesamten Weiherumfeldes als Erholungsfläche zerstören.

  5. Im aktuellen Weiherkonzept wurde der Stadt empfohlen, die Blickbeziehungen zum Weiher wieder herzustellen, damit das „Kleinod“ der Stadt auch von der Ringstraße und der anderen Umgebung aus gut sichtbar sein soll. Auch dies wäre durch eine Bebauung in dem angedachten Umfang dann nicht mehr möglich. Man muss seine Perle herausstellen und nicht zubauen.

  6. In diesem Zusammenhang seien auch die Wohnmobil- und Wohnwagenstellplätze genannt, die nach der vorliegenden Planung ersatzlos wegfallen. Wir haben im Stadtrat wiederholt darüber gesprochen, diese Stellplätze mit der erforderlichen Infrastruktur d.h.mit Ver- und Entsorgungsstationen auszustatten. Auch dies wäre an der bisherigen attraktiven Stelle nicht mehr möglich und darüber hinaus ein herber Rückschlag in unserem Bemühen unsere wunderschöne Region touristisch stärker aufzuwerten.

  7. Die unmittelbare Umgebung des beabsichtigten Wohnparks wird durch Baumholderer Vereine und Bürger für Sportveranstaltungen und zahlreiche Festlichkeiten genutzt. Genannt sei hier Weiherfest, Anglerfest und Sportfest. Darüber hinaus werden DLRG-, Angler- und Sportheim auch immer häufiger für private Feiern (Geburtstage, Polterabende, Hochzeiten, Konfirmationen usw.) genutzt.
    Es besteht die begründete Gefahr, dass diese Feste und Feierlichkeiten wegen Ruhestörung aufgrund einer unmittelbar angrenzenden Wohnbebauung erheblichen Einschränkungen unterliegen, bzw. komplett verboten werden. Einschlägige Beispiele von Klagen wegen Ruhestörung sind bestens bekannt.
    Wurde hierüber mit den Vereinen gesprochen?

  8. Darüber hinaus bestehen erhebliche Bedenken zu den Vermarktungsmöglichkeiten der Wohnhäuser. Sicherlich ist dies zunächst einmal das Problem des Investors, aber es bringt uns auch nicht weiter, wenn wir den Weiherplatz verkaufen und dann vielleicht nur 2 - 3 Häuser entstehen. Zudem wäre es unredlich, dem nicht ortskundigen Investor die Möglichen Vermarktungshindernisse zu verschweigen: Durch die o.g. Festivitäten, den Badebetrieb, den täglichen Betrieb des Sportplatzes, die Wanderer am Start der Traumschleife Bärenbachpfad, den Fußgänger-, Jogger- und Radfahrerverkehr um den Weiher und über den Geh- und Radweg Ringstraße / Kuselwies, die unmittelbar angrenzende Ringstraße mit immer noch festzustellendem Militärverkehr einschließlich nächtlicher Schwertransporte, LKWs aus dem Steinbruch, Müllfahrzeuge diverser Entsorgungsfirmen, Busse, sowie durch den Netto-Markt bestehen bereits Belästigungen und Einschränkungen, die von dem potentiellen Kreis der Käufer wohl nicht unbedingt mit einem „ruhigen Wohnen im Alter“ verbunden und akzeptiert werden. Daher werden die Vermarktungschancen unseres Erachtens sinken.


    In dem Zusammenhang erhebt sich für uns die Frage, ob dieses Wohnbauprojekt  und damit die weitere Ausweisung von Wohnflächen am Weihervorplatz nach bestehenden gesetzlichen Vorgaben zulässig ist und nicht der Raumordnungsplanung (ROP), dem Landesentwicklungsplan IV (LEP) und den Schwellenwerten Wohnflächenbedarf  wiederspricht. Ich gehe davon aus, dass uns zu dieser sehr wichtigen Fragestellung unser Bürgermeister der Verbandsgemeinde einiges sagen kann.

  9. Wir sehen aus den genannten Gründen andere Standorte in Baumholder wie zum Beispiel am Krankenhausweg, bzw. im Geltungsbereich des gültigen Bebauungsplanes „Vor Hellert“, der insgesamt über 80 Bauplätze vorsieht, als geeigneter für einen Wohnpark in der geplanten Form an. Leider hat der Investor andere Alternativen bereits kategorisch abgelehnt. Gerne würden wir hierüber noch einmal reden und unsere Ideen und Vorschläge mit einbringen.Die Verwirklichung des Wohnparks vor Hellert bzw. am Krankenhausweg würde den bereits vorhandenen und noch ansiedelnden Hausbesitzern ggf. die Möglichkeit eröffnen, sich an den innovativen Energieversorgungssystemen des Wohnparks anzuschließen. Diese Möglichkeit dürfte bei der Insellösung des Wohnparks am Weihervorplatz in dieser Form nicht möglich sein.

     

  10. Auch der angesprochene Gewinn von neuen Einwohnern ist kein durchgreifendes Argument. Sicherlich wären wir alle froh, wenn wir der demographischen Entwicklung und dem Bevölkerungsrückgang etwas entgegenwirken könnten, aber die Erfahrung von altersgerechten Wohnprojekten hat gezeigt, dass in erster Linie Einheimische von den Angeboten Gebrauch machen. Dann wird das zu groß gewordene, pflegeintensive Eigenheim verkauft, um im gleichen Ort eine altersgerechte Unterkunft zu erwerben. Dies erhöht den Druck auf die ohnehin schon sehr niedrigen Immobilienpreise und wird die Leerstandsproblematik in Baumholder weiter verschärfen. Damit gewinnen wird nichts, sondern verschlimmern unsere Situation noch. Es bewahrheitet sich die im ländlichen Raum bereits seit Jahren gemachte Erfahrung, dass die Ausweisung von weiteren Wohnbauflächen kritisch zu sehen ist. Der Versuch vieler Gemeinden sich durch Neubaugebiete zu sanieren, ist zumeist kläglich gescheitert.

  11. Darüber hinaus sind auch die finanziellen Auswirkungen für den städtischen Haushalt aus unserer Sicht überschaubar: Der Verkauf der ca. 7.000 m² großen Fläche würde uns eine einmalige Einnahme in Höhe von ca. 250.000,- € einbringen. Dies ist sicher auf den ersten Blick eine Menge Geld, aber bei einem Haushaltsvolumen der Stadt von nahezu 5 Mio. € und in Anbetracht der sehr guten Lage (Stichwort Filetstück) und der unseres Erachtens großen Wichtigkeit des Platzes für die Stadt, handelt es sich um einen eher unangemessen niedrigen Betrag. Auch die unmittelbaren dauerhaften Einnahmen halten sich eher im Rahmen: Selbst wenn wir vom sehr günstigen Fall ausgehen und durch den Wohnpark 30 neue Einwohner bekommen würden, so hätten diese 30 Personen die Schlüsselzuweisung A für das Jahr 2015 zunächst einmal um einen Betrag von rund 21.000,- € (und 600,00 € Schlüsselzuweisung B2, zentrale Orte) erhöht. Da die Schlüsselzuweisung aber auch auf die Berechnungsgrundlagen für die Kreis- und Verbandsgemeindeumlage angerechnet wird, reduziert sich dieser „Gewinn“ wieder zum größten Teil, so dass für 30 neue Einwohner letztlich gerade einmal rd. 3.800,- € an Mehreinnahmen übrig bleiben würden. Dieser Aspekt ist somit im Grund zu vernachlässigen.
    Ähnlich verhält es sich bei der Grundsteuer B: Die Mehreinnahmen für die neuen Wohngrundstücke werden durch das System des Finanzausgleiches größtenteils wieder abgeschöpft.

    Da der Wohnpark energetisch nahezu autark betrieben werden soll, wird sich auch die Konzessionsabgabe der Energieversorger, die der Stadt zufließt, nicht erhöhen.
    Die Annahme, dass die mit den Investitionen verbundenen Einnahmen unserer heimischen Wirtschaft und letztlich auch der Stadt mittelbar über eine eventuelle Gewerbesteuerzahlung zu Gute kämen würde nur dann zutreffen, wenn ausschließlich ortsansässige Firmen beauftragt würden.

    Daher kann auch aus finanzieller Sicht, absolut nicht von einer unbedingten Notwendigkeit zum Verkauf unseres „Tafelgoldes“ gesprochen werden.

     

  12. Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass derzeitig der Weihervorplatz als Bereitstellungsraum für den Katastrophenschutz ausgewiesen ist und damit eine wichtige Funktion einnimmt. Ein Bereitstellungsraum ist eine Stelle, an der Einsatzkräfte und Einsatzmittel des Katastrophenschutzes für den unmittelbaren Einsatz oder vorsorglich gesammelt, gegliedert und bereitgestellt werden. Katastrophenschutz bezeichnet Maßnahmen, die getroffen werden um Leben, Gesundheit oder die Umwelt in oder vor der Entstehung einer Katastrophe zu schützen. Der Standort des Bereitstellungsraums befindet sich in sicherer Lage in der Nähe zum Einsatzort, so dass die Kräfte schnell dorthin gelangen können ohne selbst gefährdet zu sein. Im Bereitstellungsraum stehen die Einsatzkräfte möglichst geordnet nach Art, Funktion oder Einheitszugehörigkeit ohne gegenseitige Behinderung. Diese außerordentlich wichtige Funktion würde unser Weihervorplatz durch die Bebauung verlieren und eine alternative Möglichkeit müsste durch die Kreisverwaltung gefunden werden.

    Wie wichtig unser im Herzen von Baumholder liegender Weihervorplatz auch im Rahmen der Notfallhilfe ist, zeigte sich immer wieder in der Vergangenheit bei Badeunfällen oder außerordentlich schwere Erkrankungen und Unfallverletzungen von Bürgern, die eine zeitnahe ärztliche Versorgung erforderten und durch den Einsatz von Rettungshubschraubern, die auf unserem Weihervorplatz landen konnten, in entsprechende Kliniken gebracht werden konnten. 
     

    Sie SPD-Fraktion betont noch einmal ausdrücklich, dass wir grundsätzlich bereit sind, das Projekt an einem anderen Standort in Baumholder zu unterstützen. Der aktuell vorgesehene Weihervorplatz erscheint uns aufgrund der vorgetragenen Argumente -  und wir denken auch dem Großteil der Baumholderer Bevölkerung  -  aber als nicht geeignet.

    Als Bürger von Baumholder und als gewählter Vertreter aller Bürger von Baumholder kann ich, können wir, die SPD-Fraktion, diesem Projekt, sollte es wiedererwarten in einer Entscheidungsphase münden, nicht zustimmen.

    Wir würden mit der Verwirklichung des Projektes unser Weiherumfeld und den Weiher, der uns im Vergleich zu anderen Kommunen einzigartig macht, ohne Not zerstören und somit ein großes Stück Lebensqualität auch für die zukünftigen Generationen für immer verlieren."

 

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